Entschuldigung der Eurosport-Redaktion

Zusendung von M.:

Liebes Braune-Mob-Team,(…)

manchmal geschehen wirklich “Wunder”.

Ich hatte ja zwei Protestmails an Eurosport geschrieben bezüglich eines Kommentars von Dirk Thiele beim 10.000m-Lauf der Frauen bei den Olympischen Spielen in Peking.

Nun hat der Leiter der Kommentatorenstelle Ingolf Cartsburg von Eurosport sich im Namen seiner gesamten Redaktion bei mir persönlich für die Aussage von Dirk Thiele (“Es ist gut, dass eine Weiße sich diese Vakanz erläuft.”) entschuldigt.

Zudem hat er die Entschuldigung (zumindest das Bedauern) von Dirk Thiele mir zugeschickt und zudem noch ein Schreiben, dass er anlässlich meiner Kritik an alle Kommentatoren der Eurosport-Redaktion geschickt hat, in welcher er zum sensiblen Sprachgebrauch hinsichtlich Menschen Schwarzer Hautfarbe ermahnt.

Ich bin dermaßen davon positiv überrascht gewesen, dass ich es bis jetzt kaum glauben mag.

Im Anhang findet ihr in einer Word-Datei meine Protest-E-Mail, die Entschuldigung des “Head of German Commentators” Ingolf Cartsburg, die Stellungnahme von Dirk Thiele und zu guter letzt das Schreiben von Ingolf Cartsburg an die gesamte Eurosport-Redaktion, in welcher zu einem diskriminierungsfreien Sprachgebrauch gegenüber Schwarzen Menschen aufgerufen wird.

(…)

Herzliche Grüße,

M.

Links:

Leserbrief von M.

Entschuldigung des “Head of German Commentators” Ingolf Cartsburg

Stellungnahme von Dirk Thiele

Schreiben von Ingolf Cartsburg an die gesamte Eurosport-Redaktion

Sehr geehrter Herr A(…)!

Ich möchte mich mit im Namen der Eurosport-Redaktion für den Kommentar von Dirk Thiele beim Zieleinlauf des 10 000 M Rennens der Frauen entschuldigen.
Anbei sende ich ihnen die persönliche Entschuldigung von Herrn Thiele und ein Schreiben, das ich anlässlich der berechtigten Kritik an alle Kommentatoren geschickt habe und das den uneingeschränkten Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung der gesamten Eurosport-Redaktion unterstreicht.
Mit freundlichen Grüßen
Ingolf Cartsburg

Head of German commentators
Eurosport Media GmbH
Rosenheimer Straße 145e
D-81671 München

*******************

Dirk Thiele

Stellungnahme zur Kritik meiner Wortwahl zum Zieleinlauf 10.000 Meter Damen in Peking bei den Olympischen Spielen 2008.

Als erstes möchte ich betonen, dass rassistisches Gedankengut in meiner Einstellung keinen Platz hat.
Ich will den Hintergrund der Bemerkung erläutern, dass eine Weiße in die Phalanx der Afrikaner eingedrungen ist.
Seit vielen Jahren bestimmen diese die Szene auf den langen Laufstrecken. Es gibt kaum noch Nachwuchs in Europa und den USA.
So sind Leistungen der US-Amerikanerin oder die eines Franzosen über 3000m Hindernis, bestimmt auch die der Marathonläufer Baldini und Röthlin mit ihren Präsenzen einfach Mutmacher.
Mit der entsprechenden Einstellung bei vorhandenem Talent kann sich etwas entwickeln auch bei Europäern oder US-Amerikanern.
Das ist der Hintergrund der Bemerkung.
Dennoch, sollte ich ihre Gefühle verletzt haben, tut mir das leid und ich werde meine Wortwahl auch überprüfen.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Thiele

*******************

Sprache – Worte – Wortwahl / Rassistische Kommentare und Diskriminierung

Liebe Kollegen!
Aus aktuellem Anlass möchte ich euch für das Thema Sprache, Wortwahl, tatsächliche und “gefühlte” Bedeutung von unseren Worten und die besondere Verantwortung, die sich daraus für uns ergibt, sensibilisieren.
Äußerungen wie “…im Team der roten Zwerge..” oder “…es ist gut, dass eine Weiße sich diese Vakanz erläuft…” wurden von Zuschauern als diskriminierend und rassistisch empfunden auch wenn sie im Kontext nicht rassistisch gemeint waren und den Kommentatoren nichts ferner liegt als rassistisches Gedankengut.
Rassismus, Diskriminierung, Ausgrenzung oder Herabsetzung gegenüber Menschen anderer Herkunft, einem anderen Aussehen oder einer anderen Religion wird bei Eurosport nicht geduldet, nicht im Ansatz und auch nicht im Kontext doppeldeutiger Formulierungen.
Die Realität, unsere Wahrnehmung und unser Denken wird durch unsere Sprache beeinflusst…..so wie die Realität, unsere Einstellungen und unsere Befindlichkeiten die Wahl unsere Worte mitbestimmt.
Zufällig oder gar “bedeutungslos” ist die Wahl der Sprachform, des Stils oder der Termini daher nicht.
Neben der tatsächlichen Bedeutung haben unsere Worte auch eine unterschwellige Bedeutung. Diese ergibt sich aus dem Kontext, der Geschichte und nicht zuletzt aus unserer Intonation. Sie unterliegt dem permanenten gesellschaftlichen Wandel, einem der Kriterien für eine lebende Sprache.
Wenn wir die Wahl unserer Worte treffen, müssen wir uns dieser Kontexte, der Geschichte und des Wandels bewusst sein.
Schwarzer, Weißer, Schwarzafrikaner, Afrikaner, Neger, Dunkelhäutiger, Farbiger….alles Begriffe, die Menschen, in unserem Fall Sportler, bezeichnen und zugleich auch Wertungen oder Wertvorstellungen transportieren….Wertvorstellungen, die nicht von uns geprägt und doch von uns verstärkt werden.
Bei einigen Begriffen, Bezeichnungen herrscht ein breiter Konsens über die Bedeutung, andere dagegen sind in dem, was sie meinen, nicht so klar und eindeutig.
Eindeutig negativ in seiner “gefühlten” Bedeutung ist heute z.B. der Ausdruck “Neger”….er wird von den Betroffenen als diskriminierend empfunden und ist allein deshalb abzulehnen…..die Zeiten, in denen wir den Schokokuss noch als Negerkuss auf der Zunge haben zergehen lassen, sind vorbei. Der “Negerkuss” gilt heute als politisch nicht korrekt…die Sprache im Wandel der Zeit.
Und schon sind wir mittendrin…mittendrin in der Diskussion um Begriffe und die “gefühlte” Bedeutung….
Der Begriff “Schwarz” hat unter den so Bezeichneten seine eigene Geschichte. Hinter der US-Amerikanischen “Black Power” Bewegung der 60″er stand Stolz und Kraft, Entschlossenheit im Kampf gegen die Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung.
Wir denken an die Olympischen Spiele in Mexico, an die auf dem Podium empor gestreckte Faust von Tommy Smith und John Carlos.
“Schwarz” als politischer Begriff kennzeichnet weniger die Hautfarbe als vielmehr den sozialen Status von Minderheiten in einer auf rassistische Ausgrenzung beruhenden Gesellschaft.
Auch der Begriff Schwarzafrikaner ist durch seine negative Prägung problematisch:
Der Begriff “Schwarzafrikaner” beziehungsweise “Schwarzafrikanerin” wird heute im deutschsprachigen Raum nach wie vor von Behörden, Sachbuchautoren, Journalisten und Politikern verwendet. Dunkelhäutige Menschen afrikanischer Herkunft empfinden dies allerdings – vor allem bei Auslandsaufenthalten – teilweise als Stigmatisierung da sie durch diverse Medienkampagnen eine darin implizierte Ausgrenzung im Zusammenhang mit Drogenkriminalität und Asylmissbrauch sehen. (Wikipedia)
Schwarzafrikaner ist daher eindeutig negativ geprägt und stellt ein ganz bestimmtes, per Definition “schlechtes” Bild von Schwarzen dar. Er bringt sie mit kriminellen Handlungen in Zusammenhang. Besonders schwarze Männer werden häufig vorkriminalisiert…ihr empfindet das als übertrieben???
Nicht nur hier in Frankreich ist es ein brisantes und aktuelles Thema, das die Pariser Vororte nicht zur Ruhe kommen lässt. Die Straßenschlachten vom vergangenen November sind uns noch deutlich vor Augen.
Schwarze sind als “äußerlich erkennbare Minderheit” in Deutschland besonders häufig und in besonderem Ausmaß mit Rassismus konfrontiert. Dies stellte der Bericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) 2003 fest.
Schwarzer, Weißer, Schwarzafrikaner, Afrikaner (die verallgemeinerte Form negiert schon wieder die Heterogenität des Kontinents Afrika)….was bleibt?
Die Bezeichnung nach der Nationalität ist wohl die genaueste und auf jeden Fall politisch unbedenklich.
In Deutschland wird auf unsere Sprache, die Worte, deren Geschichte und den Kontext sehr sensibel geachtet…und das ist gut so.
Daraus ergibt sich auch für uns eine besondere Verantwortung.
Die Entschuldigung “es war doch nicht rassistisch oder diskriminierend gemeint” mag glaubwürdig sein, ändert aber nichts daran, dass die unterschwellige Bedeutung unserer Wortwahl als verletzend oder beleidigend empfunden wird.
So stehen wir in der Verantwortung, unsere Sprache regelmäßig zu überprüfen und den gesellschaftlichen sowie geschichtlichen Wandel in unserer Sprach- und Wortwahl nicht aus den Augen – und vor allem – nicht aus dem Sinn zu verlieren.
Wir müssen bewusst mit den Begriffen umgehen, uns untereinander sensibilisieren, diskutieren und wenn angebracht auch konstruktiv kritisieren.

Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, er müsse sich dabei doch auch was denken.
Johann Wolfgang von Goethe

In diesem Sinne…
Ingolf

5 replies
  1. Andreas
    Andreas says:

    ..bei aller Anerkennung der Ausfuehrungen von Ingolf Cartsburg, der offenbar Derrida gelesen zu haben scheint (‘linguistic turn’): es ging bei Dirk Thieles Bemerkungen mitnichten (allein) um Sprache, es ging allein darum, dass er mit einer ‘schwarzen Hegemonie’, wo auch immer sie auftritt, hier im 3000m-Lauf, offenbar nicht fertig wird. Das wird auch durch seine Entschuldigung nicht viel besser (‘Phalanx der Afrikaner’): er identifiziert die ‘Afrikaner’ pauschal als das ‘andere’, in deren ‘Phalanx’ ‘die Weissen’, ob aus USA oder Europa ‘eindringen (sollten)’, das alles ist hoechstgradiger murks und man hat sicherlich bisher nie einen (deutschen) Kommentator gehoert, der sich ueber die ‘Phalanx der weissen Europaer und US-Amerikaner’ in irgendeiner Sportart beschwerte, etwa im Schwimmsport oder, was weiss ich, im Volleyball, waere das wahrscheinlich angebracht, nicht dass ich davon Ahnung haette.

  2. Carsten
    Carsten says:

    Du hast nicht ganz unrecht, Andreas – aber zumindest ein wenig: Im Sport, zumal bei den Olympischen Spielen, treten Nationalteams gegeneinander an. Dort ist jeder mit einer anderen Nationalität Teil dessen, was du als “das andere” bezeichnest. Somit ist dies eine im Prinzip begründete Unterscheidung – und keine Herabwürdigung. Das kannst du auch daran ablesen, dass es entgegen deiner Vermutung durchaus auch vorkommt, dass herausgehobene Stellungen an anderen Stellen kritisiert werden. Gerade die von dir erwähnten USA sind oft davon betroffen, auch Russland wird in entsprechenden Fällen so angesprochen. Was hier, zumindest in der Stellungnahme Herrn Thieles vorliegt, ist kein Rassismus und keine spezifische Diskriminierung von people of color. Es ist eine Feststellung sportlicher Tatsachen – nur dass diejenigen, über die hier gesprochen wird, eine dunkle Hautfarbe gemeinsam haben.

  3. Clemens
    Clemens says:

    Eurosport.de ist für immer wieder rassistische Betrachtungsweise nicht nur mir schon mehrfach aufgefallen. Ich bin immer wieder schockiert, was in den Blogs auf Eurosport.de von den Usern geschrieben. Ob der schwarze F1 Weltmeister oder der schwarze Fussballer, der Jude….usw, sie alle werden immer wieder auf beleidigende Art und Weise ausgegrenzt und beschimpft. Mit Dummheit der User ist das zu erklären, doch mit der Aufsicht der Eurosport Redaktion nicht zu entschuldigen. Wer sich “links” äussert, dessen Kommentare werden vom Blog entfernt und durch die Redaktion von Eurosport.de auch mal mit einem Hinweis begründet. Wer sich aber immer und immer wieder rassistisch äussert, wird geduldet. Eurosport ist “braun” geworden. So lange diese Plattformen so parteiisch “gesäubert” werden, bleibe ich bei meiner Meinung.

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  1. […] Sender Eurosport ist gerade sehr in meinem Ansehen gestiegen nachdem ich diesen Blogeintrag beim “Schwarzen Blog” gelesen habe. Ein Zuschauer hatte sich bei Eurosport über einen […]

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