Brief an Tagesschau, NDR und RBB (“Rückschritt in Rassephantasien”)

An
Kai Gniffke
Thomas Hinrichs
Redaktion Tagesschau
NDR / ARD-aktuell

Cc

Intendantin des RBB, Dagmar Reim

HH, 8.9.2008

Betr.: RBB-Korrespondent und Tagesschau: Rückschritt in Rassephantasien

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Wir sind eine Media-Watch-Organisation, die sich vor allem auf öffentlichen Diskurs und Informationen für JournalistInnen bezüglich rassismusfreier Berichterstattung konzentriert.
(Mehr Information über uns anbei)

Wir stellen mit Bedauern fest, dass Sie sich als Plattform für einen Rückschritt in Rassephantasien haben instrumentalisieren lassen.

Besorgte LeserInnen haben sich mit Zuschriften an uns gewandt, wegen Ihres Beitrages

Der Text stammt von von Michael Castritius (RBB; aus dem ARD-Hörfunkstudio Mexiko).

Ihnen scheint da etwas entgangen zu sein. Weder ist es wissenschaftlich haltbar noch aus historischer Sicht angeraten, Schwarzen oder weißen Menschen pauschal spezifische körperliche Eigenschaften/Prädispositionen zuzuschreiben. Es ist besonders erschreckend, dass Ihnen als meinungsbildendem Medium, das den Anspruch der “Objektivität” sowie diskriminierungsfreier Berichterstattung hat -und vielerorts als Referenz hinzugezogen wird- anscheinend nicht klar ist, dass es sich bei vielen Behauptungen in benanntem Text um rassistische Konstruktionen in Reinform handelt.

Anbei finden Sie eine Erklärung mehrerer Wissenschaftler einer UNESCO-Konferenz, dass der Versuch einer biologischen Einteilung von Menschen in “Rassen” (und damit selbstverständlich erst recht die noch viel pauschaleren “dunkelhäutig” und “weiß”) unwissenschaftlich und nicht haltbar ist. Das gehört eigentlich zu sportjournalistischem Grundwissen. Es ist schade, dass dies offensichtlich weder ihrem Korrespondenten noch in der Tagesschau.de-Redaktion sowie -Chef- und Schlußredaktion aufgefallen ist.

Diese Art der Berichterstattung ist außerdem gefährlich, denn sie trägt zweifellos dazu bei, dass die überkommenen und unzulässigen Rassentheorien sich in den Köpfen fest- und fortsetzen.
Auch erweckt der Beitrag in vollem Umfang den Anschein, dass sich die Autorenschaft und Redaktion von der Rassen-Ideologie nicht etwa distanzierten.
Dies liegt ja sicher nicht in Ihrem Sinne.(?)

Rassismus in seiner heutigen Definition schließt bereits mit ein: “der Glaube, dass Menschen aufgrund ihrer genetisch bedingten ethnischen Merkmale bestimmte Prädispositionen jedweder Art haben oder sich in “Rassen” einteilen lassen”.

Wie ein Leser in seinem Brief schrieb, ist diese Art der Berichterstattung ein großer Rückschritt. Denn durch sie wird aus der Leichtathletik plötzlich ein “Kampf Schwarz gegen Weiß” und nicht -wie es sich gehört- um den Wettbewerb unter LäuferInnen verschiedener Nationen.

Und ein anderer Leser schreibt in seiner Zusendung “wie wir finden zutreffend-:

“Bis heute vertreten rechtspopulistische Politiker völkische Theorien, warum die einen genetisch bedingt besser oder schlechter sein würden als die anderen. Man übersieht, dass in der Leichathletik nicht ein Volk oder eine Ethnie generell dominiert, selbst wenn man heute eine Bestandsaufnahme machen würde. Man sieht das im Zehnkampf oder in der Mittel- und Langstrecke. Dass Afroamerikaner bis in die 1960iger Jahre beispielsweise nicht zur gleichen Zeit das Schwimmbad benutzen durften [wie Weiße] und keinen Zutritt zu Golfklubs hatten, das denkt man nicht mit (“).
Mit solchen scheinwissenschaftlichen Kurzartikeln eröffnen sie die völkisch-rassische Diskussion, die beim Laufen anfängt und bei anderen Dingen fortgesetzt wird und Gobineau, Stewart-Chamberlain, Lanz von Liebenfels, usw. schon vorher gedacht haben und anscheinend noch immer nicht aus den Köpfen verschwunden ist.” Schade, dass sie jetzt sogar von der Tagesschau Schützenhilfe bekommen.

Sport hat seit jeher eine Vorreiter- und Vorbildrolle hinsichtlich ethnischer Gleichberechtigung und Gleichbehandlung gespielt.

Bitte arbeiten Sie daran, dass Ihre Berichterstattung künftig fundiert informiert und auf Augenhöhe erfolgt.

Mit freundlichen Grüßen,

info@
Derbraunemob.de

der braune mob e.V.
media-watch – schwarze deutsche in medien und öffentlichkeit

— http://www.derbraunemob.info —

0 replies

Leave a Reply

Want to join the discussion?
Feel free to contribute!

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *