Sarrazin beim Internationalen Literaturfestival? – Chronologie und Updates

7.9.2010, Darmstadt:

Der Interkulturelle Rat Deutschland gibt eine Pressemitteilung heraus: “Nicht mehr Sarrazin ist das Problem, sondern rassistische Vorurteile in der Bevölkerung

Darin heißt es unter anderem:

” Edmund Stoiber hat damit in Bayern Wahlkämpfe gewonnen und Roland Koch in Hessen …

Die SPD… muss sich jetzt damit auseinandersetzen, dass viele ihrer Mitglieder dessen rassistische Positionen teilen.”

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1.9.2010: Berlin: Nach der Absage durch das Haus der Kulturen der Welt (HWK) hat auch das Internationale Literaturfestival die Lesung mit Thilo Sarrazin abgesagt.
MRBB.de:

(…)Festzuhalten sei, dass trotz Absage ein bitterer Nachgeschmack dessen, was Thilo Sarrazin mit seinen verbalen Äußerungen und mit seinem „Buch“ in Deutschland angerichtet habe, bleibt. (…)

“Mit dem rassistischen Flächenbrand haben wir nun alle im Alltag zu kämpfen. Besonders die Hetze gegen Muslime hat für eine Potenzierung bereits existierender Vorbehalte gesorgt. Inwiefern sich dies auch in Taten umwandeln wird, werden wir mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgen. Wir rufen alle Menschen auf, rassistisch diskriminierende Vorfälle, die sie beobachten oder selbst erleben, zu melden. Diese müssen dokumentiert und öffentlich gemacht werden. Auf Bedarf und Wunsch sollten Betroffene an spezialisierte Beratungsstellen begleitet und vermittelt werden“ (…) Read more

Letter of protest concerning Thilo Sarrazin’s planned appearance in the ‚House of World Cultures’ (Haus der Kulturen der Welt), Berlin

NEW August 30, 2010: ‘Sarrazin Has Crossed a Red Line With His Racist Nonsense’ – Spiegel.de article

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Former German secretary (Minister) invited to hold reading about “Arabs” and “Turks” “aggressive and atavistic mentality” at international literature festival!

via Migrationsrat Berlin Brandenburg e. V.

“On September 25th 2010 at 6pm, it is planned that Thilo Sarrazin will give a reading from his new book “Germany Abolishes Herself. How We Are Putting Our Country at Risk” (due to be published in German on August 30th 2010 in Deutsche Verlags-Anstalt). The reading will be part of the Berlin International Literature Festival in the House of World Cultures. To quote from the publicity text provided by the publishers: “Thilo Sarrazin (…) describes the consequences to be had in Germany’s future, which result from the combination of lower birth rates, problematic immigration policies and a growing underclass. He simply refuses to accept the fact that Germany will become older and smaller, but also more stupid and increasingly dependent on state benefits”.

We protest vehemently against the fact that a politician, who acheived notoriety though his racist utterances and who has now presented his theories in Read more

Protestschreiben gegen einen Auftritt von Thilo Sarrazin im Haus der Kulturen der Welt

  • NEU vom 7.10.2010:

“BRD: Scheitert die Aufklärung ? – Soll man einem Rassisten ein Podium bieten?” – Review-Artikel über Podiumsdiskussionen mit Sarrazin bei ‘Ticker’.

  • NEU vom 30.8.2010:

–  english translation: Letter of protest concerning Thilo Sarrazin’s planned appearance in the ‚House of World Cultures’ (Haus der Kulturen der Welt), Berlin

Chronologie und Updates der Reaktionen und Ereignisse

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Der braune mob e.V. unterzeichnet ausdrücklich mit!

via Migrationsrat Berlin Brandenburg e. V.

Berlin, 24.08.2010

Protestschreiben gegen den Auftritt von Thilo Sarrazin im Haus der Kulturen der Welt

Am 25.09.2010, 18h soll Thilo Sarrazin sein neues Buch „Deutschland schafft sich ab. Wie wir unser Land aufs Spiel setzen“ (Erscheinungstermin: 30.08.2010 […] ) im Rahmen des Internationalen Literaturfestivals Berlin im Haus der Kulturen der Welt vorstellen. In dem Werbetext des Verlags heißt es: „Thilo Sarrazin beschreibt (…) die Folgen, die sich für Deutschlands Zukunft aus der Kombination von Geburtenrückgang, problematischer Zuwanderung und wachsender Unterschicht ergeben. Er will sich nicht damit abfinden, dass Deutschland nicht nur älter und kleiner, sondern auch dümmer und abhängiger von staatlichen Zahlungen wird.“

Wir protestieren dagegen, einem Politiker, der aufgrund seiner rassistischen Äußerungen bekannt geworden ist und seine Thesen nun in Buchform präsentiert, eine derartige Plattform im Haus der Kulturen der Welt zu bieten. Sarrazin beschreibt unter Rekurrierung auf eine „aggressive und atavistische Mentalität“ einen Großteil der „Araber“ und „Türken“ als „weder integrationswillig noch –fähig“ und unterteilt Menschen in vermeintlich „produktive“ und „nicht-produktive“ und damit erwünschte und unerwünschte Mitglieder dieser Gesellschaft. Seine Hetze mündet in apokalyptischen Bedrohungsszenarien, in denen insbesondere muslimische Migrant/innen und ihre Nachkommen zu einer Gefahr für das „Abendland“ stilisiert werden. So schreibt Sarrazin in seinem Buch: „Ich möchte nicht, dass das Land meiner Enkel und Read more

Stimme nutzen führt zum Erfolg II – Spiegel Online & Mr. T.

Hiermit wird “Stimme nutzen führt zum Erfolg” zur Serie.

Auf eine Leserzuschrift hin hat die Redaktion von Spiegel Online am 11. August die koloniale (und in dem Kontext überflüssige) Bezeichnung “Farbiger” (für Mr. T. ; )  in einem Artikel durch eine diskriminierungsfreie Bezeichnung ersetzt.

Anscheinend wurde der Artikel in “Etappen” geändert. Zuerst verschwand nach Auskunft des intervenierenden Lesers innerhalb von einer Stunde der “Farbige” und Mr. T wurde zum “Schwarzen” (ergo weiterhin ohne Sachbezug als einziger Schauspieler im Artikel rassifiziert).

Dies wurde später wiederum erneut geändert (Anlass unbekannt; Reflexion wird vermutet) und in der momentanen Form des Artikels ist Mr. T. erfreulicherweise einfach “ein Kerl”.

Feedback abgeben und Mails oder Briefe schreiben ist also nachweislich nicht “umsonst” (allerdings gratis machbar : ) – von seriösen Redaktionen wird Feedback auch besprochen und berücksichtigt.

Archiv: “Stimme nutzen führt zum Erfolg I” – Tagesschau.de

Und hier die erfolgreiche Leserzuschrift im ‘Fall’ Spiegel Online & Mr. T.:

Zusendung von T.: [Name der Red. bekannt]

Sehr geehrter Herr Ditz,
sehr geehrte Frau Lutteroth, Read more

Anonymisierte Bewerbungen gegen Diskriminierung bei der Jobsuche

2009 hatte das berliner Arbeitsgericht erkannt, dass “muttersprache Deutsch” eine “indirekte ethnische Diskriminierung” (Zitat) ist; Zeitungen berichteten.

Durch anonyme Bewerbungen -in England und den USA schon länger usus- kann einer bewussten oder unbewussten Vorsortierung nach den Merkmalen “weiß, deutsch, Mann, nicht aus Neukölln, kinderlos…” entgegen gewirkt werden. Derzeit läuft ein Pilotprojekt in Deutschland.

Zeitungsartikel über anonyme Bewerbungen

Radiobeitrag von Funkhaus Europa über anonyme Bewerbungen:Radiobeitrag von Funkhaus Europa über anonyme Bewerbungen

Artikel: Anonymisierungen bei Bewerbungen in der öffentlichen Verwaltung in NRW bereits umgesetzt

Hintergrund:

Diskriminierung bei Bewerbungen

IZA Studie “Ethnic Discrimination in Germany’s Labour Market”

Kammeroper Köln: Afroperücke für Bösewicht in Mozart-Kinderoper angeblich “am Original geblieben”

Eine Zuschauerin des kölner Kindertheaterstücks die kleine Zauberflöte hatte sich bei Produktions- und Regieverantwortlichen der Kammeroper Köln in einem offenen Brief darüber beschwert, dass die spezielle Art der Inszenierung des ‘Bösewichts’ Monostratos minstrel-artige Züge trage und zu einer Dämonisierung Schwarzer Menschen schon bei kleinen Kindern geeignet sei.

Die Antwort der Dirigentin auf diesen Brief ist erschütternd – und sagenhaft stereotyp. Ein Lehrstück in reflexartiger Abwehr gegen antirassistische Read more

4 Jahre AGG: Antidiskriminierungsverband Deutschland fordert Nationalen Aktionsplan gegen Diskriminierung

Aus der Pressemeldung des ‘Antidiskriminierungsverband Deutschland‘:

Vor 4 Jahren ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft getreten. Doch die Bilanz nach vierjährigem Bestehen des gesetzlichen Diskriminierungsschutzes ist ernüchternd.

Der advd sieht nach vierjährigem Bestehen des AGG einen erhöhten Handlungsbedarf und fordert deshalb einen Nationalen Aktionsplan gegen Diskriminierung, der von Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Politik und Verwaltung gemeinsam erarbeitet und umgesetzt wird. Reine Selbstverpflichtungen laufen ins Leere.

Ganze Pressemitteilung als pdf: HIER

Auch das Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin äußert in einer Pressemitteilung “Viele Hürden für Betroffene bei der Durchsetzung ihrer Rechte” und schreibt:

„Wir fordern die Bundesregierung auf, einerseits die von der EU-Kommission geforderten Anpassungen an die Antidiskriminierungsrichtlinien vorzunehmen, andererseits die neue Richtlinienvorschläge der Kommission nicht zu blockieren“

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(Siehe dazu auch:)

UN-Berichterstatter und Deutsches Institut für Menschenrechte: Kritik an unzureichendem deutschen Rassismusverständnis
Report of the UN Rapporteur on racism in Germany

WEIRD people = default? Psychologische Studien mit Scheuklappen.

Drei Professoren der University of British Columbia beschäftigen sich derzeit mit der Tatsache (und den Folgen davon), dass die überwiegende Mehrzahl der Forschung in Verhaltenswissenschaften an einer verschwindend kleinen kulturellen Minderheit vollzogen wird (wodurch eine universelle Anwendbarkeit der Ergebnisse womöglich nicht gegeben ist, die Red.). Diese überproportional oft observierte Gruppe wird in der Forschung mit dem malerischen Acronym ‘WEIRD‘ versehen (kurz für Western, Educated, Industrialized, Rich and Democratic).

In einem Artikel heißt es unter anderem: Read more

Ki.Ka und der ‘kleine’ Unterschied: bei Schwarzen Kids die ‘Abstammung’ einblenden.

An der Red.:

Diesen gelungenen Leserbrief möchten wir der Öffentlichkeit nicht vorenthalten.

Durch die beschriebene Praxis beim Ki.Ka lernen schon die Kleinsten, wer selbstverständlich hier ist und wessen private Familiengeschichte eben nicht privat ist, sondern erklärt/abgefragt werden muss, um die Anwesenheit in Deutschland zu rechtfertigen. Natürlich ist die ‘Herkunft’ der Eltern in Wirklichkeit gar keine Personenbeschreibung.

Zusendung von RA_H (28.7.2010):

an zuschauerservice@mdr.de , kika@kika.de
KiKa vom 28.07.2010, 20:15 Uhr wg. diskriminierender Bildunterschrift

An den Intendanten der ARD Prof. Dr. Udo Reiter

An den Programmgeschäftsführer ki.ka Steffen Kottkamp

Sehr geehrter Prof. Dr. Reiter,
sehr geehrter Herr Kottkamp,
sehr geehrte Damen und Herren,

meine Kinder sind begeisterte ki.ka-Zuschauer. Grundsätzlich freut mich das. In der Sendung ki.ka-Live stellen Sie die Schauspieler von Teufelskicker vor. Bei Marvin blenden Sie ein Amerikanischer Vater & Deutsche Mutter“. Was soll das? Weil der Junge Schwarzer ist? Warum weisen sie bei den anderen Schauspielern nicht auf die regionale Herkunft der Eltern hin? Warum halten Sie es für erforderlich, bei einem schwarzen Buben eine Abstammungserklärung einzublenden? Wie sollen Schulen und Familien Kinder in der Weise erziehen, dass Deutsche unterschiedliche Hautfarben haben, wenn sie Kindern vermitteln, dass man bei einem schwarzen Jungen Erklärungsbedarf hat?

Es ist gegenüber Marvin eine Frechheit sein Aussehen im Sender als unter Abstammungsaspekten erklärungsbedürftig zu beschreiben und für zuschauende Kinder eine Gefährdung. Denn Sie differenzieren, wo kein Grund zur Differenzierung bestehen kann. Während Sie bei Read more