Hamburg, Fr. 15.7.2011: „Piraten-Prozess“ in Hamburg:
Presse-Einladung zur Öffentlichen Anhörung eines Sachverständigen aus Somalia

Um 12.15 Uhr vor dem Strafjustizgebäude (Sievekingsplatz)

mit dem Politologen Abdulahi Mohamud Qalimow

Alle Infos, vollständige Einladung, Kontakt und Presse-Telefonnummer: HIER im PDF

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via Eine Welt Netzwerk Hamburg e.V.

Auszüge aus der Einladung (Hervorhebungen von uns):

Das Gericht hat sich bisher nicht darum bemüht, Experten aus der Region einzuladen. Damit sich die Öffentlichkeit trotzdem ein Bild machen und ein Experte aus Somalia sprechen kann, veranstalten verschiedene Initiativen am 15. Juli eine öffentliche Anhörung vor dem Gerichtsgebäude…
Der in Zürich lebende Politologe und Projektmanager Abdulahi Mohamud Qalimow hat vor seiner Flucht aus Somalia Mitte der 1990er Jahre ein Schulprojekt im Süden des Landes aufgebaut, das er weiterhin betreut. …

Er beantwortet am 15. Juli Fragen zur sozialen Lage Somalias und zum Hamburger Prozess gegen die zehn Angeklagten aus Somalia. Damit wird – wenn auch außerhalb des Gerichts – der eurozentristischen Sichtweise der bislang geladenen Experten die Betrachtung eines Experten aus Somalia gegenübergestellt.

Seit November 2010 läuft im Landgericht Hamburg der so genannte Piratenprozess: Zehn Männer, drei von ihnen minderjährig, sind wegen Angriffs auf den Seeverkehr und erpresserischen Menschenraubs angeklagt. Sie sollen im April 2010 das Containerschiff MS „Taipan“ überfallen haben, das einer Hamburger Reederei gehört. In 38 langen Prozesstagen mussten sie sich das so genannte Expertenwissen von sieben weißen europäischen Sachverständigen anhören.

Drei Rechtsmediziner meinen mit fragwürdigen und entwürdigenden Methoden sagen zu können, wie alt die jugendlichen Angeklagten sind. Eine vorgelegte Geburts- und Schulbescheinigung aus Somalia eines Minderjährigen lässt der Richter nicht gelten…

Die Auswahl der Gutachter macht die Kontinuität kolonialistischer und eurozentristischer Strukturen und Haltungen auf erschreckende Weise deutlich. Auch andere Aspekte, etwa die über ein Jahr andauernde Untersuchungshaft der Jugendlichen zeigt, wie das Gericht mit zweierlei Maß misst. Deutsche Jugendliche wären schon längst aus der Untersuchungshaft entlassen worden.

Alle Infos, vollständige Einladung, Kontakt und Presse-Telefonnummer: HIER im PDF

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Siehe auch (bei uns im Blog):

1 reply
  1. Rudy Mentary
    Rudy Mentary says:

    Und hier der Kommentar einer Leserin:
    Zu “Anwälte wollen Verfahren einstellen” in der taz vom 16./17.07.2011 (http://www.taz.de/1/nord/artikel/?dig=2011%2F07%2F16%2Fa0126&cHash=1852ed596f)

    Ich warte darauf, daß die Ankläger in diesem Verfahren, nämlich die Weißen Nachfahren der früheren Weißen Kolonialherren und -damen, sich ihrer Kolonialschuld stellen, die bis heute ungesühnt ist. In Somalia (Deutschland, Italien, England) und in allen anderen Ländern, die zur Beute europäischer Raubzüge wurden.
    Gerade in Hamburg als Hanse- und Überseestadt wird bis heute mit der “Rassismus” genannten konstruierten systematischen Abwertung Schwarzer Menschen Profit gemacht, um hier und überall Weiße Privilegien zu
    sichern. Hamburgs noch vorhandene Koloniale Straßennamen und neue Namenskreationen, wie “Askariweg”, machen weltweit allen People of Color und den Weißen, die etwas begriffen haben, immer wieder allzu deutlich, daß von verantwortlicher Seite die tieferen Wahrheiten (noch) verdrängt werden.
    Die heutigen Industriestaaten sind die Nachfahren der Weißen Kolonialherren und -damen, Erfinder des rassistischen Denkmusters und erwiesenermaßen Hauptverursacher des menschengemachten Anteils am Klimawandel. Noch wird auch die Erde als Untertan behandelt…
    Auf diesem Hintergrund von “Piraten” zu sprechen, die “den Seeverkehr gefährdet” haben und sich wegen “erpresserischem Menschenraub” vor einem Weißen Deutschen Gericht verantworten sollen, ist daher in die gerechtehistorische und aktuelle Dimension zu setzen.
    Es ist der weltweite Weiße Terror zugunsten Weißer Privilegien, der auf die Anklagebank gehört. Weil daran zuletzt a l l e zugrunde gehen werden. Diesem liegt das Denken zugrunde, daß “es” nicht für alle reicht und
    darum “selektiert” werden muß. Und eben das ist die Große Lüge: “es” reicht für alle!
    Darum mein Wunschausgang für dieses und ähnliche Verfahren:
    1.)die “geschädigten” Weißen erkennen ihr schwerwiegendes historisches Erbe bewußt an.
    2.) Sie erkennen ihren Teil Verantwortung an der Zerstörung der Lebensgrundlagen in Somalia und anderen Nicht-Weißen Ländern.
    3.) Sie ziehen ihre Klage zurück und nutzen ihre privilegierte Weiße Position um allen 8 Somaliern eine existentielle Perspektive nach deren Wünschen – in Deutschland oder Somalia – zu ermöglichen.
    4.) Sie befassen sich intensiv mit der Kritischen Weißseinsforschung, um ihr unternehmerisches Handeln zukunftsfähig zu gestalten. Die seit Jahrhunderten Unterdrückten kennen nämlich ihre Unterdrücker sehr genau. Und haben alles aufgeschrieben! So läßt sich der persönliche Weiße Horizont lebens-wert erweitern.
    5.) Sie befassen sich mit dem “Cradle-to-Cradle”-Konzept des Michael Braungart. Diese Form des zukunftsfähigen Produzierens und Wirtschaftens kennt ebenfalls nur Gewinner, keine Verlierer!
    6.) Entsprechend gründen sie tatkräftige Projekte mit Somalia auf Augenhöhe, damit es auch dort für alle gut wird. Dann gibt es auch keine Flüchtlinge mehr, die vor dem Weißen Terror flüchten, um vor Europas Weißen Küsten jämmerlich zu ersaufen. Und dann müssen sich auch keine halbverhungerten Jugendlichen mehr ins Piratenboot setzen, um ihr Überleben zu sichern.
    Und so könnten wir es vielleicht alle noch packen mit dem
    Klimawandel…

    Mit hoffnungsvollen Grüßen
    M.B. eine weiße Deutsche

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