(Wer nicht mitgemacht hat, kann sich hier fürs nächste mal motivieren 🙂 )

Kurzlinks:

– Gewinnertexte mit Begründungen der Jury
– Fotos von der Preisverleihung in Hamburg
Analyse und Abschlussbericht

Die media-watch-Organisation “der braune mob” veranstaltete 2007/2008 zum ersten mal den Kinder- und Jugend-Kulturwettbewerb “KIKUJU”.

Zum Mitmachen eingeladen waren Schwarze Kinder und Jugendliche im Alter von 7 bis 17 Jahren.
Die Aufgabe lautete: schreibe einen Text zum Thema “ich (b)in Deutschland”.

Die beiden Gewinnertexte werden im Rahmen des nächsten Black History Month und im Internet veröffentlicht sowie in gebundener Form in Zukunft die Wanderausstellung “Homestory Deutschland” in verschiedenen Städten Deutschlands begleiten.

Gewinne waren u.a.: eine Reise nach Hamburg, ein mp3-Player, handsignierte CD’s und Shirts von Samy Deluxe, und ein Treffen mit Schwarzen JournalistInnen, die von ihrem Beruf erzählten, Tipps und Einblicke gaben und alle Fragen der Kinder beantworteten. Außergewöhnlich und besonders spannend war außerdem der eigens für die Gewinner/-innen des Wettbewerbs geführte Besuch in einem TV-Schnittstudio, wo die Kinder zusammen mit Profis hinter die Kulissen von Redaktion und Schnitt einer Doku-Show blicken konnten.

Ausführliche Infos zu Sinn, Zweck & Hintergrund des Wettbewerbs, den GewinnerInnen, der Jury und der Preisverleihung in Hamburg: HIER im Ergebnisbericht.

Nächstes mal selbst mitmachen?
Kein Problem! Hier den Newsletter abonnieren (erscheint 4x jährlich), dann gibt es automatisch Nachricht bei der nächsten Runde.

KiKuJu 2008 – Ergebnismappe

Hier zum Download

KiKuJu 2008 – Fotos

Einige KiKuJu-GewinnerInnen in Hamburg, 19.7.2008: Amina (3. Platz), Samba (1. Platz) und Farida (3. Platz)

Einige KiKuJu-GewinnerInnen in Hamburg, 19.7.2008: Amina (3. Platz), Samba (1. Platz) und Farida (3. Platz)

Sambas Hauptgewinn: ein schicker mp3-Player
Sambas Hauptgewinn: ein schicker mp3-Player

Die GewinnerInnen und Jury: Noah Sow, Sacha Ntivyihabwa, Amina Gueye, Samba Gueye, Farida Pries, Patricia Eckermann (vlnr.)

Die GewinnerInnen und Jury: Noah Sow, Sacha Ntivyihabwa, Amina Gueye, Samba Gueye, Farida Pries, Patricia Eckermann (vlnr.)

KiKuJu 2008 – Die Gewinnertexte

1. Platz: Samba Gueye, Alzenau, 11 Jahre

Nazi durch Bravo?

Als ich gestern mit meinem Freund Manicke die neue Bravo-CD aufgelegt hatte, freute ich mich schon auf die vielen schönen aktuellen Songs. Ich dachte mir nichts dabei und wir hörten die erste CD komplett durch. Es waren alles gute Lieder. Wir hatten gute Laune. Bis wir am letzten Lied angekommen waren. Manicke sagte: “Ich kenne das Lied, das habe ich irgendwo mal gehört, das ist voll asozial.” Aber ich war neugierig und anwortete: “Mal sehen wie es ist, ich habe es noch nie gehört.” Danach bereute ich diesen Satz.
Grauenvoll hämmerte der scheußliche Bass auf uns ein. “Blaue Augen, weiße Haut, tätowiert, breit gebaut”, Fler rappte den Refrain “ein deutscher bad boy” weiter. Wir machten den CD-Player aus.
Uns war schlecht und wir starrten leer aus dem Fenster.

Nach ein paar Minuten gingen wir zu meiner Mutter und erzählten ihr alles. Sie fragte, ob sie das Lied auch einmal hören dürfte. Wir machten ihr die Stereoanlage extra laut, damit sie den Text verstehen konnte. Daraufhin erklärte sie uns, dass dieses Lied rassistisch sei. Den Rest des Tages verbrachten wir nur damit, über dieses Lied zu diskutieren.
Die Frage ist, was passiert, wenn all die anderen Kinder die Bravo-CD kaufen und dieses Lied hören. Macht sie der Beat an? Lernen sie den Text dabei mit? Sind sie dann auch stolz auf ihre weiße Haut?

Begründung der Jury

In einem Text von einer privaten Erfahrung auf eine gesellschaftliche zu schließen, diese kritisch zu hinterfragen und stimmig einzuordnen, das ist guter Journalismus.
Zumal, wenn der Text von einem Jugendlichen verfasst wurde.
Medien nicht nur zu konsumieren, sondern mit wachen Augen zu hinterfragen und die Kritik daran auch noch gut lesbar zu formulieren, das hat uns so für den Text eingenommen, dass wir ihn mit dem ersten Platz würdigen.

2. Platz: Immanuel Irrgang, München, 6 Jahre

Ich (b)in Deutschland

Meine Haut schwarz?

Mein Herz gold!

Mein Blut rot?

Mein Seele schwarz,gold,rot!

Begründung der Jury

Ein Text, der polarisiert, da er sich auf eine durchaus fragwürdige nationale Identität beruft. Eine Identität, zu der viele Angehörige der deutschen Mehrheitsgesellschaft sich erst seit der WM 2006 offen bekennen. Ein Bekenntnis, das aus Sicht einer “progressiv Linken” Position gestrig und reaktionär anmutet. Gerade die Assoziationskette >Blut> Rot>Nationalflagge steht in einer faschistoiden und rassistischen Tradition.

Andererseits konstruiert dieser Text eine nationale Identität, die in Opposition zu dieser “Blut und Boden” Tradition steht: Schwarz + Deutsch! Eine Identität, die vielen Schwarzen Menschen hierzulande nicht zugestanden wird, wie aus zahlreichen eingesendeten Texten offensichtlich hervorgeht.
Schwarz, Rot, Gold steht für Einigkeit und Recht und Freiheit. Erst wenn diese Prämissen für alle Menschen gelten, hat die Auflösung einer nationalen Identität eine Chance.
Wir verstehen diesen Text als Forderung in diese Richtung und belohnen ihn mit dem zweiten Platz.

Es wurden drei 3. Plätze vergeben:

Amina Gueye, 9 Jahre, Alzenau

Ich (b)in Deutschland

Sprüche, die ich hasse:
“Darf ich deine Haare anfassen?”
“Willst du einen Negerkuss?”
“Nutellagesicht!”

Was andere mit mir machen:
Sie sagen zu mir “Neger” und “Sind die Haare echt?”

Victoria Große, 10 Jahre, Freiburg

Rasissmus

Ich bin Afrodeutsche und heiße Victoria.
Es ist schwer anders auszusehen als andere .
Man muss immer mehr machen als die anderen und kriegt trotzdem die selbe Bewertung.Ich habe das selber erfahren.Erst dachte ich ,ich kann alles besser aber dann hat mir meine Mutter erklärt wie rassistisch weiße Leute sind .seid dem fallen mir auch immer mehr Sachen auf ,bei denen ich früher einfach gesagt hätte:o.k das ist halt so . Ich habe nur eine braune Freundin .und die ist schon ziemlich hellbraun.Meine Lehrerin sagt sie findet es übertrieben sich über das wort Neger aufzuregen .aber würde
irgendwo das wort Schlampe steht ist das ein großer Grund sich aufzuregen .Ich finde das ist beides das selbe.Ich habe mir erst gewünscht weiß zu sein aber da hat meine Mutter gesagt:,,Nein sei stolz darauf braun zu sein!Du musst durchhalten!In der Straßenbahn hat mich eine Frau die ganze Zeit angeglotzt,da hab ich mich woanderst hingesetzt.Auch zu meiner kleinen Schwester wird immer gesagt oh die ist ja braun woher kommt denn der Vater? .Meine Mutter sagt dann immer was und dann sagen die Leute ach das mein ich doch nicht so .Auserdem sagen die Leute nur was wenn ich nicht dabei bin .In meiner Klasse ist auch eine die kriegt nie Ärger und meine Freundin und ich kriegen Ärger wenn wir garnichts oder wenig gemacht haben. Ich versteh gar nicht wie man so rassistisch sein kann.

Farida Pries, 10 Jahre, Hamburg

Ich (b)in Deutschland

Ich bin Farida und bin zehn Jahre alt.

Als ich vier war wurde ich im Kindergarten “Kacke” genannt, da fühlte ich mich verletzt. Ich habe die Kinder, die das sagten, auf den Rat meiner Mutter ignoriert. Es hat ihnen dann keinen Spaß mehr gemacht und dann haben sie damit aufgehört.

Als ich fünf war hatte ich Streit mit einem Jungen, er wollte unbedingt Recht behalten und sagte, “Du hast nix zu sagen, du bist ja keine richtige Deutsche”. Der hatte einfach keine Ahnung.

Als ich sechs war und mit meiner Mutter und Freunden unterwegs war, griff eine Frau in meine Haare. Mama holte ihre Finger da wieder raus, daraufhin sagte diese Frau empört, “Da will man mal freundlich sein”. Mamas Freundin wuschlte ihr durch die Haare und sagte dabei “Da will man mal freundlich sein”. Wir und unsere Freunde lachten an diesem Tag noch viel und wuschelten uns immer wieder gegenseitig mit einem “Da will man mal freundlich sein” durch die Haare.

Ein Erlebnis als ich acht war: Meine Mutter, meine Freundin und ich saßen in der U-Bahn. Im Nebenwagon war eine betrunkene Frau, die Wein über andere Leute kippte. Es saß uns eine Frau gegenüber und diese Frau sagte zu meiner Freundin, “Guck dir die genau an so wirst du auch mal…” Aber meine Mutter stand auf und sagte, ” Wer Rassisten mag kann sich hier hinsetzten”. Als wir ausstiegen blieb der Platz leer.

An meinem neunten Geburtstag machten wir eine Rallye durch unseren Stadtteil, da begegnete uns der Rotzer. (Kurze Aufklärung: der Rotzer rotzt Kinder, die braun sind, an. Ich und mein Freund sind ihm noch öfter begegnet.) Er ist groß und trägt eine Mütze. Er kam zu uns und rief “half animal”. Wir haben ihn nicht verstanden, doch Mamas Freundin war sehr aufgeregt, wir gingen einfach weiter. Als ich verstand was er gesagt hatte war ich ziemlich niedergeschlagen und traurig.

Vor kurzem aßen ich, Papas Freund und Papa in der Europapassage Eis, dann kam eine Frau vorbei und sagte, “So viele Neger habe ich ja noch nie auf einem Haufen gesehen. Das sieht ja aus wie Scheiße.” Ich war sehr gekränkt und habe darüber lange nachgedacht.

Schwarze, Weiße und Gelbe haben nur verschiedene helle und dunklere Brauntöne, deswegen müssen sie nicht unterschiedlich behandelt werden. Trotzdem habe ich viele Sachen erlebt, die Leute mit heller Haut nicht erleben.

Begründung der Jury: im Abschlussbericht (s.u.)

Kurzlinks:

– Gewinnertexte mit Begründungen der Jury
– Fotos von der Preisverleihung in Hamburg
Analyse und Abschlussbericht