deutsche Medien über Olympia: Rückschritt in Rassephantasien

Zusendung von A.K.:

[Stern] Haben die dunkelhäutigen Läufer auch anatomische Vorteile?

[Tobias Unger, Sportler] Ihre ganzen Bewegungen sind geschmeidiger, ihr Muskelaufbau ist stabiler, sie sind von Grund auf austrainierter. Denen fällt das Sprinten einfach leichter. Da kann ich mir einiges abschauen. Wenn man mal sie trainieren sieht…

http://www.stern.de/olympia2008/wettkampf/leichtathletik/:Interview-Tobias-Unger-Einfach-Schweinerei/635488.html
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Oder siehe die Leserzusendung von letzter Woche, über den Artikel “Schwarz gegen Weiß”, in dem auch der österreichische “Standard” alten Rassetheorien Platz bietet:

“Schwarze Sprinter und ganz allgemein schwarze Athleten haben natürliche anatomische Vorteile.” heißt es da, oder “Dunkelhäutige Sprinter besitzen dem Vernehmen nach im Schnitt mehr schnelle Muskelfasern (67 Prozent) als weiße Sprinter (60).”

neu und besonders schockierend, via “irgendwas ist ja immer”:

RBB Hörfunk Michael Castritius aus dem Studio Mexico, hat gestern einen Text bei tagesschau.de abgelassen, der vor rassistischen Ressentiments nur so strotzt.

weiter im Artikel: hier

Anm. d. mob: Hier machen “Journalisten” von einem Gewohnheitsrecht rassifizierender Einteilungen von Menschen gebrauch. Weder ist es wissenschaftlich haltbar noch aus historischer Sicht angeraten, Schwarzen oder weißen Menschen pauschal besondere körperliche Eigenschaften zuzuschreiben. Es ist besonders traurig, dass anscheinend nicht einmal dem Stern und der Tagesschau klar ist, dass es sich dabei um rassistische Konstruktionen in Reinform handelt. Hier eine Erklärung mehrerer Wissenschaftler einer UNESCO-Konferenz, dass die Einteilung von Menschen in “Rassen” (und damit selbstverständlich erst recht die noch viel pauschaleren “dunkelhäutig” und “weiß”) unwissenschaftlich und nicht haltbar ist.

Wie ein Leser in seinem Brief an Eurosport schrieb: Diese Art der Berichterstattung ist ein großer Rückschritt. Denn durch sie wird aus der Leichtathletik plötzlich ein “Kampf Schwarz gegen Weiß” und nicht -wie es sich gehört und vom Rest der Welt gut verstanden wird- um den Wettbewerb unter LäuferInnen verschiedener Nationen.

Wie ein anderer Leser in seiner Zusendung schreibt:

“Bis heute vertreten rechtspopulistische Politiker völkische Theorien, warum die einen genetisch bedingt besser oder schlechter sein würden als die anderen. Man übersieht, dass in der Leichathletik nicht ein Volk oder eine Ethnie generell dominiert, selbst wenn man heute eine Bestandsaufnahme machen würde. Man sieht das im Zehnkampf oder in der Mittel- und Langstrecke.

Dass Afroamerikaner bis in die 1960iger Jahre beispielsweise nicht zur gleichen Zeit das Schwimmbad benutzen durften [wie Weiße] und keinen Zutritt zu Golfklubs hatten, das denkt man nicht mit (“)

Mit solchen scheinwissenschaftlichen Kurzartikeln eröffnen sie die völkisch-rassische Diskussion, die beim Laufen anfängt und bei anderen Dingen fortgesetzt wird und Gobineau, Stewart-Chamberlain, Lanz von Liebenfels, usw. schon vorher gedacht haben und anscheinend noch immer nicht aus den Köpfen verschwunden ist.

Schade, dass sie jetzt sogar von der Tagesschau Schützenhilfe bekommen.

Schade, dass die Olympiade in Deutschland für unwürdige Rassephantasien zum Anlaß genommen wird.

Sw

4 replies
  1. Andreas
    Andreas says:

    ..ich wuerde behaupten, dass jene rassistische Komponente der Evolutionstheorie in Deutschland so etwas ‘wie Folklore’ ist, schon bei Haeckel, der als Vorlaeufer obiger ‘harter’ Rassisten zu sehen ist, gab es diese Tendenz, die Evolutionsbiologie fuer jedwedes Phaenomen heranzuziehen, das einem gerade in den Kram passte: ‘Politik ist angewandte Biologie’, von exakt diesen Biologismen wird man sich zumindest hier wohl niemals ganz loesen koennen. Wer einwendet, es ginge den ‘Auslese’-Folkloristen lediglich um eine Popularisierung ‘rein genetischer’ Argumente, der kommt nicht nur gegeneuber der naturwissenschaftlichen Evolutionstheorie zu kurz, er verneint auch, dass jene Folkloristen immer auch eine sozial-biologistische Komponente auffahren: der Schwarze als ewig dem Sklaven-Sein unterworfenes Subjekt. Ich glaube aber, daher wirft dies im tagesschau-mainstream kein groesseres Strinrunzeln hervor, das ist mehr oder weniger die einzige Sichtweise auf Schwarze, mit der der deutsche Fernsehzuschauer heute wirklich fertig wird (vor allem wenn sich einmal kein Weisser unter den Medaillentraegern befindet..).

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  1. […] Wohin so ein Gesetzestext führt, es jedenfalls nicht verhindern hilft, sehen wir hier und hier. […]

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