Afrika kaputt und grausam, Europa voll normal

Der fortschrittliche Diskurs darüber, wie man eine Stereotypisierung Afrikas vermeidet, ist offensichtlich selbst an den jüngeren “Expertinnen” bei Amnesty International und dem Verein “Menschenrechte Köln” vorbei gegangen. Ein neues Beispiel für “gut gemeint ist nicht gleich gut”.

Hier ein Vortragsflyer, der -in gängiger Weise illustriert- Elend und Menschenrechtsdefizite undifferenziert auf dem gesamten Kontinent Afrika verortet.

Wer starke Nerven hat, sollte den Flyer unbedingt durchlesen.

( Kontakt -mit uns im cc- : menschenrechte[at]allerweltshaus.de )

“Grausamkeiten”: in der Tat.

Hier eine Antwort darauf.

(Manche Links werden Einige sicher überraschen.)


Nichts als Leid und Grausamkeiten?


Menschenrechte in Europa.

Vortrag und Diskussion

mit Fatimata Diallo

grausam: lieber ganz woanders hinsehen, um sich selbst besser zu fühlen

In den 61 Jahren seit der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die UN- Generalversammlung 1948 fanden in Europa tiefgreifende Umwälzungen statt. Mit der Befreiung von deutscher Militärdiktatur und dem Ende der Todesstrafe in einigen Staaten wie z.B. 1981 in Deutschland und 1977 in Frankreich gingen der Aufbau von Institutionen auf nationaler Ebene und zunehmende Rechtsstaatlichkeit einher. In vielen europäischen Staaten westlich der Donau gibt es heute aktive Zivilgesellschaften und eine Vielzahl unabhängiger Medien.

Dennoch sind die Menschenrechte, die in der Allgemeinen Erklärung versprochen wurden, trotz bedeutender Fortschritte noch längst nicht für die gesamte Bevölkerung des europäischen Kontinents Realität. Mancherorts toben bewaffnete Konflikte, und brutale Menschenrechtsverstöße wie Folter, Massenvergewaltigung, Verstümmelung und sogar Kannibalismus können regelmäßig beobachtet werden. In einigen Staaten ist das Recht auf freie Meinungsäußerung stark eingeschränkt und MenschenrechtsverteidigerInnen müssen Einschüchterungen und Schikanen erleiden.

Frauen werden in nahezu allen Ländern Opfer von Diskriminierung und systematischen Menschenrechtsverstößen. Darüber hinaus leben zahlreiche Menschen in einer Situation von Elend und Rechtlosigkeit – in vielen Ländern haben nur Wenige überhaupt eine Chance, sich aus der Armut zu befreien. Sichtbarster Ausdruck dieser Armut ist die in vielen europäischen Städten wachsende Verrohung der Dominanzkultur und ihrer Behörden, die zahlreiche BewohnerInnen weiterhin als “illegal” betrachten und diese somit schwersten Menschenrechtsverletzungen aussetzen, aber auch die in vielen europäischen Megastädten wachsenden Slums.
Der Vortragsabend setzt sich mit der aktuellen Menschenrechtslage auf dem europäischen Kontinent auseinander und vermittelt anhand mehrerer Beispiele Einblicke in sowohl positive als auch negative Entwicklungen. Ein besonderes Augenmerk soll auf die Situation in Slums gelegt werden.

*

Fatimata Diallo, geboren 1973, studierte Politikwissenschaft an der Universität Harvard. Bis Anfang des Jahres 2010 war sie bei Human Rights Watch Fachreferentin für Europa, heute ist sie für den Bereich ‘white supremacy und verdachtsunabhängige Personenkontrollen’ zuständig.

Nachhilfe:

Stop Stereotyping Africa
– “Schreiben Sie so über Afrika!” von Binyavanga Wainaina
afrikabilder.blogsport.de
Broschüre “Von Trommlern und Helfern; Beiträge zu einer nicht-rassistischen entwicklungspolitischen Bildungs- und Projektarbeit”
(Artikel über diese Broschüre: HIER)

6 replies
  1. ThT
    ThT says:

    Dass Leute wie ihr vom Braunen Mob nicht angesichts der ewigen déjà vus nicht aufgeben, so einen Scheiß anzugehen, ist sowohl ermutigend als auch beschämend… danke, für beides.

  2. Ayla
    Ayla says:

    Anbei die Kopie meines Briefes, die ich ans Allerweltshaus geschickt habe:

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    hiermit möchte ich Sie auf die Aktion des braunen Mob- media watch organisation mit Sitz in Hamburg aufmerksam machen: Es geht um die Veranstaltung in ihrem Hause: Menschenrechte in Afrika. Sicherlich hat diese Veranstaltung im Rahmen der universellen Menschenrechte ihre Richtigkeit und Wichtigkeit. Dennoch suggeriert der Titel der Veranstaltung, dass Afrika ein Dorf wäre und man von einer homogenen Kultur und Politik ausgehen könnte, was nicht der Fall ist. Eine differenzierte Ausdrucksweise, so wie es für den europäischen Kontinent der Normalfall ist, sollte auch bei dem afrikanischen Kontinent die Regel sein. Ich würde es sehr begrüßen,wenn Sie meine Mail an Frau Ulm weiterleiten würden:: ich würde gerne ihre Perspektive dazu hören wollen. Jemand der als “Afrika- Experte” arbeitet, sollte sich auch über white supremacy und hegemoniale Stereotypisierungen und Repräsentationspolitiken bewusst sein und sein politisches Engagement auch dahin gehend kritisch überprüfen können. Der braune Mob bietet zusätzlich Infomaterialien an, die darüber auklären, wie Stereotypisierungen vermieden werden können:

    http://blog.derbraunemob.info/2010/05/18/afrika-kaputt-und-grausam-europa-voll-normal/

    mit besten Grüßen
    Ayla Güler Saied

  3. redaktion
    redaktion says:

    Und wieder einmal – aus aktuellem Anlass- ein Verweis auf unsere Blog-Regeln: http://blog.derbraunemob.info/blog-regeln/

    [einen comment des Organisators der Veranstaltung haben wir nicht freigeschaltet, mailen ihn aber auf Wunsch gerne zu, er eignet sich gut für critical whiteness studies. Kleiner Vorgeschmack:

    “Da sie sich hier so moralisch überlegen inszenieren, werden sie mir mit Sicherheit begriffliche Alternativen nennen können (und nicht nur auf irgendwelche Weblinks verweisen), um dieser Problematik in Zukunft aus dem Weg gehen zu können?” ]

  4. Petra
    Petra says:

    Vielen Dank für die Info und Eure Reaktion. Auch ich hatte diese Einladung in den Händen und habe mich schwer über dieser Rückschrittlichkeit gewundert. Das Wundern ist vielleicht naiv. Also danke, dass Ihr aufklärt. Hoffentlich kommt die Message bei den VeranstalterInnen an. Wäre eine Chance für sie.

  5. Ayla
    Ayla says:

    anbei mein zweites Schreiben an die Organisatoren der Veranstaltung: ich hoffe, damit ist alles gesagt und die Kritik kann als solche akzeptiert werden:

    Sehr geehrter Herr Bockemühl,

    vielen Dank dass sich die Mühe gemacht haben, so ausführlich auf meine Mail bzw. die Aktion des Braunen Mobs zu antworten. Zwei Aspekte ihrer Mail widersprechen jedoch meinem Grundverständnis von objektiver und politischer “Bildungsarbeit”. Sie schreiben bspw. dass: “Der Titel der Veranstaltung ist bewusst provokativ als Frage formuliert, um die Aufmerksamkeit potentieller Besucher zu erlangen.” Wenn Jemand generell an Menschenrechtsfragen interessiert ist, braucht er, denke ich nicht erst eine provokativ aufgemachte Titelbezeichnung um zu der Veranstaltung zu gehen. Davon gehe ich bei den Besuchern des Allweltshauses jetzt mal aus. Und für provokante Titelaufmachungen ist in Deutschland ansonsten die Bild und die Express zuständig. Zum anderen schreiben sie:”und ich hoffe für Sie, dass Sie die Bedeutung der dortigen systematischen Menschenrechtsverletzungen nicht herunterspielen wollen.” Davon ist bei meiner Kritik überhaupt nicht die Rede. Im Gegenteil, es ist sogar sehr wichtig, dass diese im Rahmen der universellen Menschenrechte angemessen thematisert werden, aber das schrieb ich bereits in meiner ersten Mail. Und ich denke auch nicht, dass ich mich vor Ihnen oder sonst wem rechtfertigen muss, oder meine politische Arbeit jetzt hier darlegen muss, um von ihnen ein Attest “politisch bewusst” zu bekommen. Im Übrigen finde ich es überaus großzügig von Ihnen dass sie “vielen afrikanischen Staaten” durchaus positiv konnotierte Begrifflichkeiten wie “Rechtstaatlichkeit”, “aktive Zivilgesellschaften” oder “unabhängige Medien” attestieren. Ich hatte schon gedacht, dass in ganz Afrika Krieg, Chaos und Anarchie herrscht.Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass Jemand nach der Publikationsliste von Frau Ulm gefragt hat. Ihre Aufmachung von Veranstaltungen sind ja die Legitimation für ihren Job; wie Sie selber sagen: bewusst provokativ. Und um es letzlich noch einmal deutlich zu vollenden: es ist sehr wichtig, weltweit für die Menschenrechte einzutreten: Dies sollte jedoch nicht so aufgemacht sein, als ob “Afrika” es besonders nötig hätte Nachhilfe- oder Entwicklungshilfe in dieser Hinsicht zu bekommen: Und eines muss hierbei auch ganz klar definiert werden: Frauen und Kinder, die in jeder Gesellschaft leider die “schwächsten ” Mitglieder sind, sind in Kriegs- und Krisen Situationen die ersten, die die Auswirkungen und fatalen Folgen erleben. Also sollte nicht so getan werden, als ob Schwarze Männer besonders brutal sind oder um es auf den Punkt zu bringen: als ob Weisse Männer sich davon freisprechen könnten. Patriarchale und dominante Strukturen finden wir überall auf der Welt; also sollte auch, wenn sich eines solchen so komplexen Themas angenommen wird, differenziert werden; und nicht schon im Titel eine Stereotypisierung stattfinden, wie es bei Ihrem Flyer leider der Fall war. Bilder, wie die auf dem Flyer werden erst durch Bedeutungen zu dem, was sie aussagen und wie sie auf uns wirken::und ich lese es folgendermaßen: Schwarz ist gleich arm, hilflos und braucht europäische Hilfe.
    Zuletzt möchte ich betonen, dass es sich bei meinem Schreiben um konstruktive Kritik handelt und damit auch ein Plädoyer ist, für eine differenzierte und explizit bezeichnete Veranstaltung. Da ich im Übrigen nicht davon ausgehe, dass Frau Ulm über ganz Afrika referieren wird, kann dies dann ja auch im Titel explizit benannt werden, zumal sie mit Afrika sicherlich nicht Algerien, Tunesien oder Marokko meint, right? Und an dieser Stelle möchte ich auch noch sagen dürfen, dass es echt an der Realität vorbei geht, dem Braunen Mob die Inszinierung einer moralische Überlegenheit zu unterstellen. Der Braune Mob ist enorm wichtig, nicht nur da die Kolonialzeit hierzulande im Gegensatz zum Nationalsozialismus nicht hinreichend aufgearbeitet wurde.
    Ich wünsche eine gute Veranstaltung und kann mir nicht die Frage verkneifen: Gibt es am Ende afrikanisches Essen?
    Ausserdem habe ich mich die ganze Zeit gefragt, warum nicht Frau Ulm antwortet, da ich Sie doch gebeten hatte, meine Mail freundlicherweise an Sie weiter zu leiten?! Und bezüglich der Anmerkung…”werden sie mir mit Sicherheit begriffliche
    Alternativen nennen können (und nicht nur auf irgendwelche Weblinks verweisen), um dieser Problematik in Zukunft aus dem Weg gehen zu können?” kann ich nur antworten: Fragen sie Frau Ulm: schließlich ist sie doch die Expertin!

    mit besten Grüßen
    Ayla Güler Saied

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