Integrationsverweigerer sitzen auf den Regierungsbänken: Pressemitteilung des Interkulturellen Rates

Ganze PM HIER

Auszüge:

Interkultureller Rat in Deutschland, Darmstadt, 27. Oktober 2010, Pressemitteilung

Das Bundeskabinett entscheidet heute über weitere Sanktionen gegen sogenannte “Integrationsverweigerer”. Dabei müssen Ausländer, die unentschuldigt ihrer Verpflichtung zur Teilnahme an Integrationskursen nicht nachkommen, schon heute mit gravierenden aufenthalts- und sozialrechtlichen Folgen rechnen.

“Das”, so Jürgen Micksch, der Vorsitzende des Interkulturellen Rates, “hat Tradition!” Nach Integrationsdebatten haben Bundesregierungen regelmäßig verschärfende Gesetze gegen Migranten erlassen. Ein Beispiel ist das Asylbewerberleistungsgesetz, das bis heute rassistische Diskriminierungen für Flüchtlinge enthält.

Begründet werden die beabsichtigten Sanktionen mit der Formel „Multikulti ist gescheitert“. Dieser Satz ist eine neue Variante der Behauptung „Deutschland ist kein Einwanderungsland“, mit der jahrzehntelang eine sinnvolle Integrationspolitik verhindert wurde.

Warum sollten die dringend benötigten Facharbeiter sich für Deutschland entscheiden, wenn verantwortliche Politiker das Zusammenleben verschiedener Nationen, Kulturen und Religionen in diesem Land für gescheitert erklären? Denn „Multikulti ist gescheitert“ heißt für Migranten: „Mit euch klappt es nicht. Haut ab!“ Wegen solchen Signalen des Misstrauens gehen Einbürgerungszahlen seit Jahren zurück und verzichten junge Menschen auf ihre deutsche Staatsangehörigkeit.

Dabei gibt es hunderttausende ausländische Unternehmen in Deutschland, in denen Millionen Menschen arbeiten. Durch ausländische Mitarbeitende eröffnen sich Kontakte in alle Welt – mit ein Grund für den weltweiten Erfolg deutscher Unternehmen.

Der Satz „Multikulti ist gescheitert“ diskreditiert die Integrationsleistung der großen Mehrheit der Migrantinnen und Migranten und bedient gleichzeitig Vorurteile und Ressentiments gegen Minderheiten. Er ist Wasser auf die Mühlen rechtsextremer Bewegungen.

Tatsächlich gescheitert ist eine Politik, bei der qualifizierte eingewanderte Menschen durch Arbeitsverbote zur Untätigkeit verurteilt werden, Bildungschancen vom sozialen Status der Eltern statt der eigenen Leistungsfähigkeit abhängen und jedes fünfte Kind in Armut gerät. Diese sozialen Ungerechtigkeiten gefährden den gesellschaftlichen Zusammenhalt in diesem Land – nicht Migrantinnen und Migranten.

„Die eigentlichen Integrationsverweigerer sitzen seit jeher auf den Regierungsbänken. Sie verdrängen die dringenden sozialen Herausforderungen und machen statt dessen Politik auf dem Rücken von Migrantinnen und Migranten – doch bestraft wurden sie dafür noch nie“, so Jürgen Micksch abschließend.

Berlin, 03.11.2010 Vortrag: “Kultur” statt “Rasse” – Das Phänomen des antimuslimischen Rassismus

Vortrag von Yasemin Shooman (TU Berlin, Zentrum für Antisemitismusforschung) mit anschließender Diskussion

aus der Ankündigung:

Die Debatte um die Thesen des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin zeigt es: Es besteht in Deutschland Unsicherheit darüber, was Rassismus ist und welche Formen er annehmen kann – oftmals wird Rassismus gar mit Rechtsextremismus gleichgesetzt und damit unzulässig verkürzt. Am Beispiel des antimuslimischen Rassismus soll die Wandlungsfähigkeit rassistischer Diskurse veranschaulicht werden, die heute häufig nicht mehr auf biologistisch begründete Unterscheidungen zurückgreifen, sondern mit dem Merkmal der “Kultur” argumentieren. In diesem Kontext wird auch die Frage zu erörtern sein, wo seriöse Kritik an sozialen Konflikten oder der religiösen Praxis von Menschen aufhört und das Ressentiment beginnt.

Ort: Rathaus Kreuzberg, Sitzungssaal der Bezirksverordnetenversammlung, Yorckstr. 4-11, 10965 Berlin, 18:00 Uhr

Die Veranstaltung findet statt im Rahmen der Interkulturellen Wochen Friedrichshain-Kreuzberg

Berlin, ab 27.Oktober 2010: rassismuskritische Diskussionsreihe in der Werkstatt der Kulturen mit Michel Friedman u.a.

Auszug aus dem aktuellen Newsletter:

Angesichts der aktuellen Debatte um Migration, ist es an der Zeit, das Thema Rassismus in Deutschland zu untersuchen und zu diskutieren – kompetent und differenziert, polarisierend und verbindend, undogmatisch und angstfrei.

An drei Abenden lädt die Werkstatt der Kulturen namhafte Gäste aus Politik, Kunst und Kultur, Journalismus, Wissenschaft und Forschung ein, um bei »PLAYING IN THE DARK oder die Rassimus-Falle« mit Michel Friedman zu debattieren: über die möglicherweise brisanteste gesellschaftspolitische Zäsur, die die neue Bundesrepublik bislang auszustehen hatte.

Die Auftaktveranstaltung “Spieglein, Spieglein an der Wand – wer ist der Integrierteste im ganzen Land?” findet am Mittwoch, den 27.10.2010 um 19 Uhr im Saal der Werkstatt der Kulturen statt. Eintritt frei!

Dr. Naika Foroutan, Migrationsforscherin HU Berlin
Dr. Kien Nghi Ha, Politik- und Kulturwissenschaftler
Anetta Kahane, Vorsitzende der »Amadeu-Antonio-Stiftung«
Mekonnen Meshgena, Leiter der Abteilung »Migration & Diversity« Heinrich-Böll-Stiftung
Maryam Stibenz, Integrationsbeauftragte des Bezirkes Berlin-Mitte

Moderation: Michel Friedman

Werkstatt der Kulturen
Wissmannstr. 32
12049 Berlin
Tel. +49 (0)30 60 97 70-25

kritische Stellungnahme: “Demokratie statt Integration”

Das “Netzwerk Kritische Migrations- und Grenzregimeforschung” hat eine kritische Stellungnahme mit dem Titel “Demokratie statt Integration” formuliert und ruft zu deren Unterzeichnung auf.

Die Stellungnahme ist hier einseh- und unterzeichenbar: http://demokratie-statt-integration.kritnet.org/

Auszug:

Die Bundesbank ist Thilo Sarrazin los. Damit ist die Geschichte aber längst nicht vorbei. Denn beunruhigend sind nicht allein die populistischen Thesen dieses Bankiers, beunruhigend ist vielmehr die Plausibilität, die seinen Ausführungen zugestanden wird. Eine erstaunliche Anzahl von PolitikerInnen, WissenschaftlerInnen und MeinungsmacherInnen sind sich einig: Der Sarrazin’sche Biologismus hat zwar in Deutschland einen besonderen Hautgout, im Kern aber habe der Mann doch Recht. Nicht wenige feiern den ehemaligen Finanzsenator Berlins als Tabubrecher mit visionärem Blick für Deutschlands Zukunft. Wir fragen: welches Tabu? Die Skandalisierung der Migration gehört zum Standardrepertoire in Deutschland. Es ist sinnlos, den infamen Behauptungen von Sarrazin et al. wissenschaftliche Fakten entgegenstellen zu wollen, um zu beweisen, was MigrantInnen „wirklich“ tun oder lassen.

Man kann diese Debatte nicht versachlichen, denn nichts an ihr ist richtig. Wir akzeptieren schlicht keine Haltung, die gesellschaftliche Verhältnisse nach Kosten-Nutzen-Erwägungen durchrechnet und Arme und MigrantInnen zur Ausschusspopulation erklärt.

Weiterlesen und unterzeichnen: HIER