So genannter “Piratenprozess” in Hamburg – Hintergründe und Fakten

Am Montag, den 22.11.2010, begann vor dem Landgericht Hamburg der so genannte “Piratenprozess” gegen zehn Somalier.

Um der unausgewohenen Berichterstattung in den deutschen Medien einige Fakten hinzuzufügen, verweisen wir hier auf wichtige und lehrreiche Artikel zum Thema sowie auf einen Info-Aufruf der KARAWANE – Für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen.

Wir empfehlen, den Prozess, der am 01.12.2010 weiterverhandelt wird, auf medialer Ebene sowie -wenn möglich- vor Ort als Beobachter_innen kritisch zu verfolgen.

Auszüge aus den verlinkten Artikeln:

Vier Jugendliche und sechs Männer aus Somalia stehen ab Montag den 22.November 2010 vor dem Landgericht Hamburg – es ist der erste Piratenprozess seit 400 Jahren. Im 14. Jahrhundert war es Klaus Störtebecker (…) Eines haben beide gemeinsam: es geht darum, den Reichtum gleichmäßiger auf dieser Welt zu verteilen.

Es ist seit Jahren bekannt, dass nicht nur der industrielle Fischfang sowohl die Fauna vor Somalia als auch die Arbeitsplätze der lokalen Fischer zerstört, sondern auch, dass Somalia und die Gewässer vor Somalia von der europäischen Industrie als Mülldeponie genutzt werden. Dies ist u.a. vom UnoUmweltschutzpropgramm Unep bestätigt.
Tausende europäischer Soldaten, inklusive über 1400 deutscher Soldaten, und deren Kriegsschiffe werden von den europäischen Regierungen dafür bezahlt, dass Sie die Interessen der hiesigen Industrie schützen, also die Ausbeutung von Mensch und Natur in Afrika. Damit schützt das europäische Militär vorrangig nicht nur die Profite der Konzerne, sondern auch den Status Quo des Human Development Indexes – Reichtum in Europa durch Ausbeutung Afrikas.

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Thomas de Maizière ist Abschiebeminister 2010.

Am 18.11.2010 kürten Jugendliche im Rahmen eines Gala-Abends im Polittbüro den Bundesinnenminister zum inhumansten Innenminister des Jahres. Den Negativpreis „Abschiebeminister 2010“ erhält de Maizière für seine Politik der Abschiebungen nach Griechenland. Mit 98 Stimmen setzte sich de Maizière deutlich gegen den Innenminister von Niedersachsen Uwe Schünemann (58 Stimmen) und den bayrischen Innenminister Joachim Hermann (42 Stimmen) durch.

Jetzt verbot der Europäische Menschengerichtshof erstmals Griechenland-Abschiebungen – auch das Bundesverfassungsgericht stoppte in Eilrechtsschutzverfahren mehrere Abschiebungen und prüft die generelle Rechtmäßigkeit. Während die Landesinnenminister daraufhin Abschiebestopps erließen nutzt de Maizière die Bundespolizei um Abschiebungen durchzuführen. „Viele Flüchtlinge haben keinen Anwalt daher können sie sich nicht gegen die Abschiebungen wehren – obwohl jede Abschiebung durch eine Klage gestoppt werden könnte“, erklärt Newroz Duman von Jugendliche Ohne Grenzen.

Ganzer Artikel der großartigen Selbstorganisation “Jugendliche ohne Grenzen”, sehr lesenswert: http://2010.jogspace.net/2010/11/18/thomas-de-maiziere-ist-abschiebeminister-2010/

Bilder von der Preisübergabe: Read more

Ehrhart Körting (SPD): Seltsam aussehende Menschen, die eine Fremdsprache sprechen, den Behörden melden!

Klick = Video des Zitats ansehen

„Wenn wir in der Nachbarschaft irgendetwas wahrnehmen, dass da plötzlich drei etwas seltsam aussehende Menschen eingezogen sind, die sich nie blicken lassen oder ähnlich, und die nur Arabisch oder eine Fremdsprache sprechen, die wir nicht verstehen, dann sollte man glaube ich schon mal gucken, dass man die Behörden unterrichtet, was da los ist.“ , so Berlins Innensenator Dr. Ehrhart Körting in der RBB-Abendschau am 17.11.2010

Nun heißt es aktiv werden! Wen melden Sie? Bitte verdächtige Gruppen in unseren Kommentaren posten! Read more

Hamburg, 10.-12.12.2010: “Das wird man ja wohl noch sagen dürfen” Wochenendesminar: Erscheinungsformen, Kritik und Analyse des Antimuslimischen Rassismus

Auf dem Campus Berliner Tor der HAW Hamburg.

Ganzes Programm , Blog und Anmeldung: http://wochenendseminar.blogsport.de/programm/

Auszüge aus dem Programm:

Migration, Integration und Rassismus. Wie werden diese Begriffe – im Rahmen der aktuellen Debatte in Deutschland – öffentlich benutzt und was sollen sie bezwecken?
Let’s talk about Rassismus: Einführung in die Grundlagen des Rassismus: Entstehung, Formen und Funktionen.
Was ist antimuslimischer Rassismus? Einführende Darstellung in eine zur Zeit sehr weit verbreitete Form des Rassismus.
Die Darstellung des Islam in den Medien

Der Integrationsdiskurs als ein rassistischer Diskurs? Integration ist der seit Jahren erfolgreichste Begriff, wenn es darum geht, Fragen der Einwanderungsgesellschaft in Deutschland zu diskutieren. Woher kommt der Begriff? Wann ist er aufgetaucht? Was sagt Integration eigentlich? Wie ist das in anderen Ländern Europas? Tarnt er die aktuelle Konjunktur des Rassismus? Wollen wir den Begriff abschaffen?

Zur Auseinandersetzung mit Orientalismus und antimuslimischen Rassismus aus interkultureller und antirassistischer Perspektive (Dr. Iman Attia)

Anti-muslimischer Rassismus und Außenpolitik
Anti-muslimischer Rassismus und Antisemitismus
Postliberaler Rassismus

Edutainment Attacke!

uvm.

Fasching in Frankfurt am Main: allerunterste Schublade.

Nicht dass jemand fälschlicherweise auf die Idee käme, krasser öffentlicher Rassismus sei etwa besonders ein Problem Ostdeutschlands:

Hier ein Programm vom Faschingsverein “F.C.G. Die Kameruner 1922 e.V.” aus Frankfurt am Main.

NUR FÜR GANZ STARKE NERVEN.

Ebenso NUR FÜR GANZ STARKE NERVEN das Programm, das sie mit Kindern und Jugendlichen machen.

Quelle: http://www.die-kameruner.de

Ihr/Euer Feedback an:

info_at_die-kameruner.de , Vereinsverantwortliche und uns im cc

Laut Impressum: Read more

Resolution: Aufruf zu einem grundlegenden Wandel im Umgang mit Deutschlands kolonialem Erbe

Wir hatten im Blog schon mehrere Artikel über das Festhalten an Straßennamen, die nach nach deutsche , Straßennamen nach “Eroberern” (Menschenhändlern) benannt sind. In einigen traurigen Fällen (wie in Hamburg) werden sogar neue Straßen nach Männern benannt, neue Denkmäler errichtet für Männer, die sich an Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben.

Nun wurde eine Resolution verabschiedet, am 3.10.2010 in Berlin auf dem bundesweiten Vernetzungstreffen postkolonialer und erinnerungskultureller Initiativen: freedom roads! – Vom Umgang mit kolonialen Straßennamen: Praxis und Visionen.

Diese Resolution kann und sollte von Bürger_innen und Organisationen mitunterzeichnet werden.

Resolution zum download hier.

Dort finden sich Beispiele zahlreicher Städte mit noch zahlreicheren Straßennamen.

Text der Resolution; auszugsweise:

Die Stadtlandschaften Europas und Deutschlands sind geprägt von Spuren der Kolonialvergangenheit und Relikten kolonial-rassistischer Ideologie.

Straßennamen vergegenwärtigen den ehemaligen „Kolonialbesitz“, erinnern an einst beanspruchte Regionen, Orte und Ressourcen oder tragen Bezeichnungen, die Schwarze Menschen diskriminieren. Selbst koloniale Akteure werden bis heute unkommentiert mit Straßennamen und Denkmälern geehrt, „durch die Kolonialisten noch immer glorifiziert und Kolonialisierte weiterhin gedemütigt werden“ (May Ayim). Diese Ehrungen sind mit der Würde des Menschen und dem demokratischen Selbstverständnis unserer Gesellschaft nicht vereinbar.
Die öffentliche und interkulturelle Debatte über den europäischen Kolonialismus und seine schwerwiegenden materiellen, kulturellen und geistigen Folgen ist überfällig. Ohne eine solche Kultur des Erinnerns kann weder das wirtschaftliche und politische Ungleichgewicht der Staaten des Südens und des Nordens noch der anhaltende Rassismus in unserer Gesellschaft verstanden und überwunden werden. Read more

Hamburg, 18.11.2010 zur Innenministerkonferenz: Gala-Abend von “Jugendliche ohne Grenzen” mit Abschiebeministerwahl!

Via Pressemitteilung von “Jugendliche ohne Grenzen” vom 12.11.2010

Gala-Abend: Abschiebeministerwahl und Initiativenpreis 2010 sowie GRIPS-Theater im Polittbüro Hamburg

Am 18.11.2010 küren Jugendliche den schlimmsten Innenminister. Noah Sow (Publizistin und Musikerin), Eric Abubakari (Anwalt und Menschenrechtsaktivist) und Alain Morel (Schauspieler) zeichnen vorbildliche Initiativen gegen Abschiebungen aus und „SOS for Human Rights“ (GRIPS Theater Berlin) feiert Hamburg Premiere. Read more

Blackface-Karneval “nicht rassistisch” da in Leipzig

NEU vom 17.1.2011: Stellungnahme von zahlreichen Initiativen, die sich in Deutschland für die Aufarbeitung der Rolle kolonialer Bilder insbesondere im Alltagsrassismus einsetzen. Darunter die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, AfricAvenir, sowie die postkolonialen Initiativen berlin postkolonial e.V., frankfurt-postkolonial, freiburg-postkolonial.de und KopfWelten – gegen Rassismus und Intoleranz e.V. / Köln Postkolonial, dem Leipziger Forum für kritische Rechtsextremismusforschung, das AfrikanistikForum am Institut für Afrikanistik der Uni Leipzig, und der Berlin-Leipziger Gruppe “Kolonialismus im Kasten?”.

Pdf hier zum Download.

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13.11.2010:

Eine besonders bizarre Form der Einforderung vermeintlichen Rechts auf rassistische Traditionen leistet sich derzeit der “akademische Faschingsverein” “Ba Hu Elferrat” an der HTWK Universität Leipzig.

Eine Karnevalsveranstaltung bewarb man dort mit Blackface Plakaten und Flyern, auf dem auf den Auftritt eines schwarz angemalten Weißen angekündigt war, der Roberto Blanco parodieren sollte (als könnte der das nicht selbst).

Dieses Bild ist nur für ganz starke Nerven.

Abgewehrt wird die Beschwerde mit den unreflektierten Klassikern Read more

Interkultureller Rat in Deutschland: Polemiken aus Politik ‘Dumm und falsch’, Versagen deutscher Schulpolitik

via Interkultureller Rat in Deutschland

Darmstadt, 11. November 2010

Pressemitteilung


Dumm und falsch: „Multikulti ist gescheitert“


Als dumm und falsch wurde der Spruch “Multikulti ist gescheitert” bei der gestrigen Mitgliederversammlung des Interkulturellen Rates in Köln bezeichnet. In Deutschland haben mehr als zwanzig Prozent aller Einwohner eine Migrationsgeschichte. Diese Menschen und ihre Leistungen werden mit dieser These diskreditiert und für „gescheitert“ erklärt.

Dabei zeigen europaweite Untersuchungen, dass sich in Deutschland das Miteinander mit eingewanderten Menschen insgesamt gut entwickelt hat. Die Einwanderung nach Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte. Dass noch viel zu tun ist versteht sich von selbst.

Der Vorsitzende des Interkulturellen Rates, Jürgen Micksch, betont: “Multikulti ist unsere Zukunft! Das zeigt schon die Tatsache, dass in zahlreichen deutschen Städten über 50 Prozent der Schulkinder eine Migrationsgeschichte haben. Von ihnen hängt unsere Zukunft ab. Ähnlich wie Kinder aus der deutschen Unterschicht leiden viele von ihnen an einem miserablen Schulsystem, das sie stärker als in anderen Ländern benachteiligt – wie europäische Vergleiche leider zeigen. Hier besteht ein fatales Versagen deutscher Schulpolitik. Ein Ergebnis wird die Verarmung dieser jungen Menschen sein. Von diesen Defiziten soll offensichtlich abgelenkt werden.”

“Politikerinnen und Politiker, die auch künftig den dummen Spruch ‚Multikulti ist gescheitert’ wiederholen, sollten von den Menschen mit Migrationsgeschichte und den vielen Millionen, die sich für ein gutes Miteinander in Schulen, Beruf und Öffentlichkeit einsetzen, nicht mehr gewählt werden” – so Jürgen Micksch weiter.

Buchveröffentlichung: Die Akte James Knopf – Afrodeutsche Wort- und Streitkunst

Philipp Khabo Köpsell – Die Akte James Knopf

Erschienen in der Reihe “Insurrection Notes”, Unrast Verlag

ISBN 978-3-89771-601-8 | 84 Seiten | 9.90 Euro

Lummerland ist abgebrannt

Die Akte James Knopf ist eine poetische Verhandlung afrodeutscher kultureller Identität. Wurden Schwarze Deutsche in den 80er Jahren noch als Exoten und Ausländer im eigenen Land angesehen, so sind sie im neuen Jahrtausend Deutsche mit Fußnote des Migrationshintergrunds. In einem Land, welches sich lange Zeit als homogen-weiß und christlich verstand, müssen “abweichende” Identitäten ständig neu und radikal verhandelt werden. Die Akte James Knopf ist Verhandlung und Abrechnung zugleich.
Die Verse durchforsten den deutschen Alltag mit poetischem Geschick und einem Blick, der den Auswüchsen einer rassistischen Alltagsrealität und der kolonialen Kontinuität stets auf den Spuren bleibt. Jenseits von Multikulti-Romantik demaskiert Philipp Khabo Köpsell die deutsche Dominanzkultur und schafft zugleich einen schützenden Raum für alles zwischenmenschliche. Bissige Poesie und politische Satire formen eine eindringliche, selbstbestimmte Aussage: „I speak, so you don’t speak for me!„