Hexe Lilli 14. Hexe Lilli auf der Jagd nach dem verlorenen Schatz: Mit vielen exotischen Zaubertricks!
Knister (Autor), Birgit Rieger (Illustratorin)
Arena Verlag, 2003

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Altersempfehlung: ab 8 Jahren

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Dazu ein offener Brief:

Die beliebte Kinderbuchfigur Hexe Lilli und ihr Autor Knister:
Ein kluges, weißes Mädchen rettet primitive Wilde

Guten Tag, Herr Knister!

Was haben wir uns amüsiert! Diese Wilden! Die primitiven Eingeborenen meinen wir, wie Sie sie in Ihrem Buch “Hexe Lilli auf der Jagd nach dem verlorenen Schatz” beschreiben. So was von einfältig, leichtgläubig und naiv! Wie gut dass es Lilli gibt, dieses kluge, pfiffige und vor allen Dingen weiße, deutsche Mädchen. Die konnte den Eingeborenen mal so richtig zeigen, wo es lang geht.
Hoffentlich haben das auch all die guten, weißen, deutschen Kinder so verstanden, die Ihr Buch gelesen haben. Denn es ist ja klar, dass sie auch gerne so toll sein wollen, wie Lilli. Wenn sie dann braune Kinder sehen, am besten eine finster dreinblickende Horde, werden sie sich sicher an Ihre Geschichte erinnern und daran, dass diese Kinder und ihre Eltern ziemlich dumm sind und nicht gut alleine zurecht kommen.
Danke, Herr Knister! Sie haben zur Aufrechterhaltung dieses schwarz-weißen Weltbildes beigetragen. Um die Zukunft dieser unserer jahrhundertealten Vorstellungen müssen wir uns nun nicht mehr sorgen.

Falls Ihnen nicht ganz klar ist, was wir meinen, so erklären wir es Ihnen gerne mit Ihren eigenen Worten und zitieren aus Ihrem Buch wie folgt:

S. 50 Zwei feindlich guckende Jungen packen sie derb und drücken sie hart zu Boden. Die zwei haben um die Augen herum auf die dunkelbraune Haut eine weiße Verzierung gemalt, was ihren Gesichtsausdruck noch bedrohlicher macht.

S. 60 Lilli bekommt mit, dass das Kind [das vorher ihre Haut berührt hat] von den Leuten [den “Wilden”] befragt wird, ob Lillis Haut wirklich aus Mehl sei. Lilli muss sich ein Lachen verkneifen und bemüht sich, ernst und würdevoll auszusehen.

S. 62 Dann ergreift sie sie [die Krone] mit ihren gefesselten Händen und setzt sie sich kurzerhand auf. Schlagartig verstummen die Menschen, fallen auf die Knie und verbergen ihre Köpfe unter den Armen.

S. 64 [Der Stammesälteste Tumutaque sagt:] “Bitte verzeih! Meine Söhne wussten ja nicht, dass du die Krone trägst. Sprichst du darum nicht mit uns? Bist du uns gram, weil wir dich gefesselt haben? Sollen wir ein Schwein für dich schlachten?”

S. 66 Weil es ihr nicht klug erscheint, gleich nach dem Schatz zu fragen, macht sie ein bedächtiges Gesicht, als ob sie die Dinge genau abwägen würde, und fragt: “Seit wann ist euer Medizinmann verschwunden?” Tumutaque hält seine Hand in etwa auf die Höhe seines Bauchnabels und antwortet: “Ungefähr seit so langer Zeit.” Lilli hätte alles Mögliche erwartet, aber nicht so eine merkwürdige Antwort. Was soll das bedeuten? Ungefähr einen Meter Zeit? Das klingt in ihren Ohren genau so verrückt, als würde jemand sagen, unsere Häuser seien zweieinhalb Stunden hoch.
S. 74 Lilli verdreht die Augen. Es schein zwecklos, von diesen Menschen irgendeine brauchbare Angabe über Zeit zu bekommen.

S. 69 Lilli nimmt ihre Krone kurz ab, deutet eine Verbeugung an und sagt: “Auf dass wir uns alle nahe kommen und die Crocodillios uns fernbleiben mögen!” Das scheint den Menschen gut zu gefallen, denn sie klatschen begeistert und schnalzen mit den Zungen.

S. 73 “Und wie weit ist es bis zu den lachenden Wassern?” “Es ist nicht weit”, erklärt der Alte. “Durch den Wald bis zum Mann mit dem sprechenden Knochen und dem singenden Kasten.” […] “Der Mann ist ein mächtiger Medizinmann. Er hat einen Knochen, mit dem er manchmal spricht. Besonders stark ist sein Zauber mit dem singenden Kasten. Manchmal lässt er seinen Kasten auch für uns singen. Wir müssen ihm nur einen ordentlichen Brocken Gold geben, dann macht er es.”

S. 81f. Lilli lässt das Jo-Jo auf und nieder tanzen. SUUII pfeift es seine Bahn und lässt die Lichter sprühen. […] Alle sind von dem Schauspiel tief beeindruckt und jubeln. Die Medizinfrau [Lilli] soll mit ihnen zur Goldhöhle gehen! Jetzt! Sie wollen keine Zeit verlieren, damit sie endlich wieder den heiligen Crocotanz tanzen können.

S. 88f. Das Haus [des Krokodiljägers] scheint also verlassen, zumindest im Moment. Eine gute Gelegenheit für Lilli, der Sache mit dem sprechenden Knochen und dem singenden Kasten auf den Grund zu gehen. Klar, dass sie ins Haus will. Da die anderen sich nicht trauen, geht Lilli allein. […] Kaum ist Lilli im Haus, wird es ihr sonnenklar: Sie ist keineswegs in der Steinzeit gelandet. Als Erstes sieht sie das Transistorradio. Na klar, der singende Kasten! […] Wenig später entdeckt sie auch den sprechenden Knochen. Der ist natürlich nichts anderes als ein Transistorradio. Aber was für eines! Ein Gerät allermodernster Ausführung: ein Satellitentelefon! Klar, ein anderes würde hier in der Abgeschiedenheit auch nicht funktionieren.

S. 115f. Die Goldkrone blitzt und blinkt ” und der Jäger bekommt gleich einen gierigen Blick. Da bricht ein Tumult los. Lillis Leute sind überhaupt nicht einverstanden, dass Lilli die Krone weggeben will. Sie beteuern Lilli, dass sie lieber ihr Leben lassen als diesem Mistkerl ihr kostbarstes Gut auszuliefern. Lilli gibt ihnen mit einer Geste zu verstehen, dass sie sehr wohl weiß, was sie tut, und dass sie die Verhandlungen übernehmen will.

S. 130 Als Lilli ihre Freunde aus der Falle befreit und erzählt, wie der Crocodillio-König [Lilli in Croco-Verkleidung] zusammen mit dem Papagei Suuii den bösen Jäger für immer vertrieben hat, ist der Jubel groß. […] Die Männer fragen nicht, wie Lilli es angestellt hat, sich vor ihren Augen in Luft aufzulösen. Für sie ist es selbstverständlich, dass Medizinfrauen ihre Geheimnisse haben müssen …

Sie wissen vielleicht, dass Sie damit ein durchgängig rassistisch-binäres Bild zeichnen. Rassistisch”binär bedeutet hier:

Weiß (Lilli) Schwarz (“Wilde”)

klug und pfiffig primitiv und naiv
normal wild
lustig gefährlich anmutend
aufgeklärt unwissend und einfältig
neugierig und wissbegierig träge und lethargisch
realistisch mystisch
kann sich und anderen helfen kann sich nicht alleine helfen, wird gerettet
hat Ideen zur Problemlösung braucht Antrieb, um aktiv zu werden
aktiv passiv
erlebt ein Abenteuer braucht Rettung aus Lebensgefahr

Und, Herr Knister, sagen Sie nun bitte nicht, dass Ihre Geschichte völlig wertfrei und allein zur Unterhaltung geschrieben sei ” womit sich ihre Zielgruppe (kleine, weiße, deutsche Leserinnen) definitiv lieber identifiziert, liegt doch auf der Hand.

Es grüßen und unterzeichnen

Kolloquium des AK Geschlechterverhältnisse im Nahen Osten (Deutsche Arbeitsgemeinschaft Vorderer Orient)

Dr. Lydia Potts, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Dr. Eske Wollrad, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Der braune mob e.v. ” media-watch ” schwarze deutsche in medien und öffentlichkeit. www.derbraunemob.info

Armin Hinz, Archäologisches Institut, Abteilung Mesoamerikanistik, Universität Hamburg

Kontakt:

Arena Verlag GmbH
Rottendorfer Str. 16
97074 Würzburg
Deutschland
Telefon: 09 31 79 64 4-0
E-Mail: info@arena-verlag.de

update vom 27.1.2009:

Reaktion des Autors auf den offenen Brief

>
> Sehr geehrte Frau Lingen-Ali,
> es tut mir leid, dass ich erst heute auf Ihr Schreiben von Anfang Januar
> antworten kann, aber ich bin doch sehr beschäftigt und viel unterwegs.
>
> Ich freue mich, dass Sie sich so ausführlich mit einem meiner Bücher
> beschäftigt haben.
> Dafür möchte ich mich herzlich bedanken. Ich wünsche Ihnen alles Gute
> für Ihr weiteres Studium.
> Mit freundlichen Grüßen
>
> KNISTER
>
>